20.11.2020

Konzept zur Reform des Erbbauzinses für städtische Grundstücke

Ein an den Bodenrichtwert gekoppelter Erbbauzins verhindert Schaffung von bezahlbarem Wohnraum.

Frankfurt, 20. November 2020 – Die Kooperation Frankfurt, in der sich bisher zehn der größten Frankfurter Wohnungsbaugenossenschaften mit mehr als 12.100 Wohnungen und 18.700 Mitgliedern als Interessengemeinschaft zusammengeschlossen haben, fordert eine Reform des Erbbauzinses auf städtischen Grundstücken. Es soll aber darüber hinaus auch eine allgemeine Diskussion über bezahlbare Erbbauzinsen angeregt werden, da nicht nur die Stadt Frankfurt Erbbaurechtsgeber ist.

Denn bezahlbare Wohnungsmieten bedingen auch bezahlbare Erbbauzinsen. Bisher wurde hierbei ausschließlich über eine marginale Senkung des Zinssatzes diskutiert. Da die Erbbauzinsen jedoch in ihrer Höhe an den geradezu explodierenden Bodenrichtwert gekoppelt sind, führt die alleinige Senkung des Zinssatzes nicht zum gewünschten Ergebnis.

In Frankfurt beträgt der Erbbauzins 5 Prozent des halben Bodenrichtwertes, oder einfacher 2,5 Prozent des Bodenrichtwertes. Dieser stieg insbesondere in den letzten zehn Jahren jedoch stark an und wird weiter steigen, und zwar um ein Vielfaches der normalen Teuerungsrate. Da die Erbbauzinsen mit in die Mietkalkulation einfließen, kann das selbst bei einer rein kostendeckenden Berechnung, wie sie bei den nicht gewinnorientierten Genossenschaften üblich ist, zu einem spürbaren Anstieg der Mieten für die Bewohner führen.

Pikant hierbei ist die Tatsache, dass sich die Stadt Frankfurt auf die Fahnen geschrieben hat, bezahlbaren Wohnraum für die Bürger zu schaffen und städtische Grundstücke der Bodenspekulation zu entziehen. Dabei wird sogar über eine Mietobergrenze nachgedacht. Gleichzeitig profitiert die Stadt aber indirekt genau von dieser Spekulation durch steigende Bodenrichtwerte und damit einhergehenden steigenden Erbbauzinsen für ihre Grundstücke.

Warum die Senkung des reinen Zinssatzes auf weniger als 2,5 Prozent am Problem vorbeigeht, sieht man an nachstehenden Beispielen:

Beispiel 1:
Der Bodenrichtwert für ein Grundstück in der Reichelstraße, Frankfurt-Ginnheim, des Volks-, Bau- und Sparvereins ist allein seit dem Jahr 2010 von 540 Euro/qm auf 1.400 Euro/qm im Jahr 2020 gestiegen. Beim Standardzins von 2,5 Prozent des Bodenrichtwertes bedeutet dies eine Belastung von 35 Euro pro Quadratmeter. Senkt man den Zins auf z.B. zwei Prozent, bliebe immer noch eine Belastung von 28 Euro pro Quadratmeter und bei 1,7 Prozent sind es noch knapp 24 Euro. In allen Fällen liegt das Ergebnis in kurzer Zeit weit über dem normalen Preissteigerungsniveau. Daher macht eine Diskussion über die reine Senkung des Zinssatzes wenig Sinn, da dies zu keiner langfristigen Begrenzung der Erbbauzinsen führt.

Beispiel 2:
Bei der Ausschreibung des Projekts „Akademie der Arbeit“ in der Frankfurter Mertonstraße ergibt sich nach der jetzigen Berechnung ein Erbbauzins von 140.000 Euro pro Jahr für eine maximale Wohnfläche von 2.700 Quadratmetern. Dies bedeutet eine monatliche Grundmiete nur für Grund und Boden von 4,32/qm, ohne Baukosten, Nebenkosten, Verwaltung, Instandhaltung und mögliche Renditen des Bauträgers. Dies läuft auf eine Endmiete von über 15 Euro hinaus, die man wohl kaum als „bezahlbar“ bezeichnen kann.

Ulrich Tokarski, Sprecher der Kooperation und Vorstand der Volks- Bau- und Sparverein eG, dazu: „Um langfristig bezahlbaren Wohnraum auch mit einem gestiegenen Bodenrichtwert zu gewährleisten, haben wir ein völlig neuartiges Konzept entwickelt. Die Kernidee dabei ist, dass der Erbbaurechtsnehmer einen festen Betrag pro Quadratmeter Wohnfläche zahlt und im Gegenzug bezahlbare Mieten über die gesamte Laufzeit des Erbbauvertrages – unter Berücksichtigung marktüblicher Anpassungen für beide Seiten – garantiert. Dies könnte konkret folgendermaßen aussehen: Der Erbbaurechtsgeber erhält pro Quadratmeter Wohnfläche vom Erbbaurechtsnehmer 1,50 Euro Erbbauzins pro Monat. Dafür garantiert der Erbbaurechtsnehmer eine festgeschriebene Miete im Neubau von maximal 12 Euro.“

Auch Dr. Axel Tausendpfund, Vorstand des VdW südwest, weiß um die Bedeutung bezahlbarer Grundstücke als Grundlage für bezahlbaren Wohnraum: „Auf teurem Grund und Boden kann kein bezahlbarer Wohnraum entstehen. Hohe Bodenpreise bedeuten im bisherigen System auch immer eine hohe Erbpacht. Die Frankfurter Genossenschaften haben einen interessanten und innovativen Reformvorschlag vorgelegt, wie auch im hochpreisigen Frankfurter Wohnungsmarkt die Mieten bei Neubauten auf Erbpachtgrundstücken bezahlbar bleiben können. Die Stadt Frankfurt propagiert bezahlbares Wohnen als eines ihrer wichtigsten politischen Ziele. Deswegen sollte sie den Ball der Genossenschaften nun aufnehmen, deren Vorschlag konstruktiv diskutieren und möglichst in einem Pilotprojekt umsetzen.“

Die Kooperation wird das neue Konzept dem Dezernenten Jan Schneider, zuständig für Erbbaurecht im Dezernat 5 für Bau und Immobilien, vorlegen. Angestrebt wird ein runder Tisch mit allen Beteiligten, um die Möglichkeiten der Umsetzung eines solchen Konzepts auszuloten.

 

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